Community – ein Must-Have

Mein Name ist Hallmackenreuther. Ich bin Inhaber und Geschäfts­führer eines Unter­nehmens, das Badezimmer­einrichtungen und Accessoires importiert und vertreibt. Weshalb ich Sie um dieses Gespräch gebeten habe: seit einiger Zeit liegen mir Kollegen und Mitarbeiter in den Ohren: »Wir brauchen eine Commu­nity, wir brauchen eine Commu­nity!« Als sei es das Heil auf Erden.

Da kann ich Ihren Mitarbeitern nicht Unrecht geben.

Also mir erschließt sich, ehrlich gesagt, die Notwen­digkeit noch nicht so richtig. Dazu muss ich sagen, dass ich von dem ganzen Social-Media-Gedöns nicht das Meiste halte. Ich seh ja ein, dass es irgendwo sein muss, aber man kann es auch über­treiben! Und wenn ich dann nachfrage, warum ich jetzt noch eine Commu­nity brauche, kriege ich immer nur dieselben Phrasen zu hören: Das ist der Zug der Zeit, das macht man heutzutage eben so, bla bla, du musst mit der Zeit gehen!

Na ja, wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit.

Nett gesagt! Erklärt aber nichts. Und außerdem, ich geh doch mit der Zeit. Schließlich haben wir eine ordentliche Website, und auch eine Facebook-Seite. Das sollte doch reichen!

Was genau haben Sie auf dieser Platt­form?

Eine Fanpage, oder wie das heißt! Zwei von den jungen Damen aus der Verwal­tung kümmern sich darum. Auf Insta­gram wollen sie demnächst auch noch was machen.

Mehrere Platt­formen, das ist schon mal gut! Und das machen Ihre Ange­stellten so nebenbei?

Sieht so aus! Macht doch nicht viel Arbeit, und meine Damen kennen sich privat mit Social Media ganz gut aus. Das klappt schon.

Ein professio­nelles Manage­ment kann viel mehr zum Klappen bringen. Aber sagen Sie mir zunächst bitte, was Sie auf Facebook und Instagram genau machen.

Produkte präsen­tieren. Die meisten Videos, die wir da einstellen, kaufen wir zu. Zum Teil werden Sie auf von unseren Liefe­ranten gestellt. Ab und zu wird gepostet, was es bei uns Neues gibt, oder wenn mal eine Veranstal­tung ist. Sonst tut sich da, glaube ich, nicht sonderlich viel. So gut wie keine Kommen­tare.

Na immerhin ist schon mal ein Anfang gemacht. Darauf lässt sich aufbauen. Denn da geht noch mehr, viel mehr!

Und was genau jetzt? Reicht so eine Facebook-Seite denn nicht? Wieso brauche ich dazu auch noch eine Commu­nity?

Auf einen einfachen Nenner gebracht: Was Sie jetzt haben, das ist ein Social-Media-Auftritt. Bei einer Commu­nity kommt das entschei­dende Moment Inter­aktion hinzu. Genauer gesagt: gemanagte Inter­aktion. Die Leute wollen eine Platt­form zum Meinungs­austausch, auf der es nicht nur um die kommer­zielle Seite geht.

Muss ich für so eine Commu­nity eigentlich eine neue Website einrichten?

Nicht unbedingt. Sie können die Commu­nity auch auf Ihrer Website inte­grieren. Oder eine Face­book-Commu­nity aufbauen. Oder auf Youtube, Instagram, über­alle, wo es Sinn macht. Wenn die Commu­nity dann gewach­sene Struk­turen hat, darf sie auch gerne eine Standalone-URL bekommen. Natürlich können Sie damit auch direkt anzufangen.

Aber wofür dieser Aufwand? Da kommt doch nur digitaler Smalltalk bei herum! Und der soll jetzt so überaus wichtig sein?

Sicher ist bei dem Meinungs­austausch auch viel Smalltalk dabei. Aber Small­talk ist eine gesell­schaft­liche Konven­tion, und Commu­nitys sind das auch. Das Manage­ment sollte dann immer mal versuchen, es zu Medium-Talk zu heben.

Und das funktio­niert?

Wenn das Manage­ment es drauf hat! Sie unter­schätzen die Sachlage. Sehen Sie, es besteht da mittler­weile ein allgemein akzep­tierter Konsens, dass Unter­nehmen Ihren Kunden ein Forum zum Meinungs­austausch zur Verfü­gung stellen. Das gehört einfach zur Infra­struktur. Ein gut mode­riertes Forum, das ist das Wichtigste dabei! Eine Commu­nity zeigt die Kultur eines Unter­nehmens. Eine Kultur, durch die Sie Ihre Kunden genau kennen­lernen können.

Ach, meine Kundschaft, die kenne ich teils schon seit einer halben Ewigkeit! Wozu brauche ich denn da noch eine Commu­nity?

Ich will mich ja nicht als Struktur­wandel­expertin aufspielen, aber glauben Sie mir, auch Ihre Kundschaft ändert sich so, dass eine Commu­nity einfach Pflicht ist. Da rückt eine neue Genera­tion von Kunden nach. Digital Natives, also junge Leute, die nie ein Leben ohne Internet kennen­gelernt haben.

So jung sind meine Kunden meist nicht.

Aber Digital Natives als Kunden werden auch bei Ihnen täglich mehr. Wenn die auch nur ansatz­weise den Eindruck haben, dass Sie der Zeit hinterher­hinken, sind Sie bei denen weg vom Fenster. Sie wissen es nur nicht, aber Sie können sich ziemlich sicher sein: Sie haben schon Kunden verloren, weil Sie keine Commu­nity haben. Wenn keine Stamm­kunden, dann auf jeden Fall poten­zielle Kunden.

Woher wollen Sie das denn wissen?

Erfahrung. Es gibt schon so viele Leute, besonders natür­lich die Jüngeren, wenn die sehen, dass ein Unter­nehmen keine Commu­nity hat, dann kommen zwei Gedanken: Die leben hinterm Mond, und: Die inter­essieren sich nicht richtig für ihre Kunden! Keine Commu­nity, das ist, als wollten Sie den Kunden sagen: Ich will nicht weiter mit dir reden!

Ist das nicht etwas übertrieben?

Nein, ist es nicht. Ohne Commu­nity stellen Sie sich auf das, was ich das virtuelle Abstell­gleis nenne. Eine Commu­nity gehört zum Mojo jedes Unter­nehmens. Sie hängen sich selbst ab, wenn Sie nicht mit einer gut gemanagten Commu­nity antreten!

Das ist ja alles schön und gut, was Sie mir da erzählen. Aber ich seh da immer noch keine Dring­lichkeit. Wenn ich es mir recht überlege, dann kann ich mit dem ganzen Commu­nity-Gedöns auch noch etwas warten!

Eine ziemlich leicht­sinnige Einstellung! Für ein Unter­nehmen fast schon fatal. Sie kennen doch den Satz von Gorbat­schow: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben! Und irgend­wann ist der Punkt erreicht, an dem es zu spät ist.

Ach, es ist nie zu spät!

Oh doch, glauben Sie mir. Irgend­wann wird es Ihnen dann auch nicht mehr viel nützen, wenn Sie versäumten Chancen hinterher­rennen. Schieben Sie die Sache nicht länger vor sich her! Jeder Tag ohne Commu­nity ist nicht gespartes Geld, sondern aus dem Fenster gewor­fenes Geld.

Ach wirklich? Im Prinzip bin ich ja auch nicht gegen eine Commu­nity! Sondern mehr gegen die Kosten! Sie sagen: Gut gemanagt. Mit anderen Worten: Ich brauche dafür jemanden, der das Manage­ment profes­sionell führt. Wofür dann wieder ein Heidengeld drauf­gehen wird. Muss man sich erst einmal leisten können.

Umgekehrt wird ein Schuh daraus. Sie müssen es sich leisten können, keine Commu­nity zu haben. Und glauben Sie mir, das können die Wenigsten. Nein, jeder Euro, den Sie in eine Commu­nity stecken, ist gut investiertes Geld! Wenn Strategie und Manage­ment stimmen. Die Qualität der Manage­ments steht in direkter Korre­lation zum Return of Investment!

Das haben Sie aber schön gesagt! Und womit genau muss ich da rechnen?

Darauf gibt es keine pauschale Antwort. Es gibt zwei große Kosten­faktoren: Content und das Manage­ment der Commu­nity. Die Leute wollen immer etwas Neues zu sehen bekommen, da können Sie gar nicht genug in ordent­lichen Content inve­stieren. Auch in Aktionen wie Gewinn­spiele oder ähnliches muss man inve­stieren. Dasselbe gilt für das Manage­ment: Könner auf dem Gebiet sind Gold wert.

Klar, dass Sie das sagen!

Ich sage das nur in Ihrem Interesse. Was wäre es Ihnen zum Beispiel wert, wenn Sie durch die Commu­nity einen neuen Trend entdecken? Oder Verschie­bungen in der Nachfrage­struktur? Oder wenn ein Problem mit einem Ihrer Produkte entdeckt wird? Oder Ideen dafür, was in Ihrem Sortiment noch fehlen könnte? Kennen Sie denn jedes neue Accessoire? Commu­nity ist Markt­forschung, und jede Commu­nity ist ein Ideen­geber. Das bringt die Rendite. Es ist nur schwer zu beziffern, aber auf jeden Fall überlebens­wichtig.

Klingt mir etwas zu drama­tisch. Es ist nicht alles Gold, das glänzt. In diesem Zusammen­hang hätte ich noch eine Frage, und damit hätte ich vielleicht anfangen sollen: Warum sollte ich Geld für etwas ausgeben, bei man mich vor aller Öffent­lichkeit in die Pfanne hauen kann? Damit verscheuche ich mir die Leute doch eher!

Nein, das ist ein Fehlschluss, der Klassiker unter den Vorur­teilen gegenüber Commu­nitys! Sehen Sie, heute muss doch alles transpa­rent sein. Es gibt keine Unter­nehmen mehr, die nicht unter Transpa­renz­druck stehen! Wer keine Commu­nity hat, der hat schnell den Eindruck erweckt, dass er etwas verbergen will. Das ist für viele Leute so, als wollte das Unter­nehmen sagen, dass es nichts mit seinen Kunden zu tun haben will. Dann lieber Kritik einstecken.

Kritik soll eine Form von Rendite sein? So richtig behagt mir das aber nicht!

Sollte es aber. Wenn tatsäch­lich mal Kritik in der Commu­nity laut wird, dann haben Sie mit einer transpa­renten Kommuni­kation eine prima Chance, sich als Partner zu profi­lieren, der auf einen authen­tischen Umgang mit den Kunden Wert legt. Es findet immer Anerken­nung, wenn sich jemand offen der Kritik stellt!

Also ich weiß ja nicht!

Commu­nity bringt Perfor­mance. Geben Sie den Menschen etwas, das eine Gemein­schaft mit Ihrem Unter­nehmen herstellt. Machen Sie ihre Kunden zu einem Sozial­körper. Das bringt Ihnen auch jede Menge, die Sie für Ihre internen Analysen bestens gebrauchen können. Das sind vor allem Daten, die frisch auf den Tisch kommen. Täglich aktualisiert. Aber Vorsicht! Sagen Sie den Leuten immer, was Sie mit ihren Daten machen. In dieser Hinsicht sind die User mittler­weile sehr sensibel.

Für Daten so ein Aufwand?

Ihr eigener Pool an Big Data, oh ja, den brauchen Sie. Aber da gibt es noch mehr, was Ihre Investi­tionen in die Commu­nity lukrativ macht. Zum Beispiel kriegen Sie mit einer Commu­nity auch Marken­botschafter. Leute, die für Sie Werbung machen, die nichts kostet, außer natürlich die Kosten für die Commu­nity. Einige werden damit sogar zu so etwas wie Influencer.

Diese Influencer, das ist doch ein einziger Stuss!

Mag sein, aber die Zeit macht Influencer nun einmal nötig! Besonders die jungen Leute schwören darauf. Hier kommt auch wieder das Manage­ment ins Spiel. Ein gutes Manage­ment bringt die Mitglieder dazu, dass sie sich für die Commu­nity engagieren.

Und was muss ich den Mitglieder an Content bieten?

Alles was Ihr Unter­nehmen präsen­tiert und erklärt, seine Motivation darstellt, seinen Spirit, seine Fähig­keiten, seine Lösungs­kompetenz, aber auch seine mensch­liche Seite. Sie wissen sicher, was ein Testi­monial ist?

So eine Art Erfahrungs­bericht, ich glaube, davon haben wir ein paar auf unserer Facebook-Seite.

Diese Erfahrungs­berichte sollten Sie in der Commu­nity systema­tisieren. Auch in der Hinsicht lassen sich Kosten sparen. Die User stellen ja einen Teil des Contents selber her und laden ihn auf Ihre Platt­form hoch. Ein Teil davon sind Testi­monials, nur kostenlos.

Wirklich? Warum sollten die Leute mir so etwas quasi schenken?

In jeder Community sind ein paar User, denen das einfach Spaß macht. Die laden zum Beispiel ein Video hoch, wo zu sehen ist, wie schick Ihre Badaus­stattungen sind. Sehen Sie: wenn ein Kunde ein Video einstellt, auf dem er Ihre Produkte lobt, dann tut er das aus einem Antrieb, der nicht eigen­nützig ist. Mit so etwas identi­fizieren sich die Leute.

Und wozu brauch ich dann noch eigenen Content?

Kunden­beiträge sind spontane Produkte. Hinter Ihrem Content sollte immer ein ganzheit­liches Konzept stehen. Sagt Ihnen der Begriff Story­telling etwas?

Nicht so richtig.

Story­telling bedeutet, verein­facht gesagt, Ihr Unter­nehmen und Ihre Produkte in Form von gut präsen­tierten Geschichten zu erzählen. Am besten mit Geschichten, die einen inneren Zusammen­hang haben. Der wird hergestellt, indem die Geschichten rund um den innersten Kern Ihres Unter­nehmens angelegt werden. Core Story nennt sich das.

Ja, hab ich schon von gehört. Und wie sieht das konkret aus?

Ich bin keine Expertin für Ihre Branche. Aber Erlebnis- oder Wellness-Geschich­ten sollten immer gut kommen. Emotionen rund um das Thema Bad. Oder demon­strieren Sie Lösungs­kompetenz, geben Sie Tipps rund um das Thema Bad. Reini­gung, Pflege, Pflanzen. Oder Anleitungen zur Selbst­montage.

Das wäre hinzukriegen!

Und stellen Sie Ihre Betriebs­stätten heraus. Und natürlich die Mitarbeiter. Das wird durch Story­telling zu einem Gesamt­bild zusammen gefügt. Ein gutes Manage­ment kennt sich aus mit Story­telling und wird sich darum kümmern, dass Ihr Unter­nehmen damit ein unverwech­selbares Profil bekommt.

Klingt gut!

Ein letzter Aspekt noch: Mit einer Commu­nity stellen Sie sich natürlich auch als Arbeit­geber dar. Wenn Ihre Commu­nity ein kulti­viertes Arbeits­klima durch­scheinen lässt, klopfen bei Ihnen die besten Bewerber viel eher an. Und glauben Sie mir: je mehr die Zukunft näher­rückt, um so mehr werden Sie das best­mögliche Personal haben wollen.

Langsam machen Sie mir ein schlechtes Gewissen, weil ich mich bisher so dagegen gesträubt habe. Ich hätte dieses Gespräch doch eher führen sollen.

Sie sehen also, dass es um Ihre Zukunft geht?

Ja, da haben Sie mir ein paar Lichter aufgesteckt. Da habe ich einiges zum Nachdenken. Auf jeden Fall vielen Dank für das informa­tive Gespräch. Sie werden von mir hören!

Das würde mich sehr freuen …

Über die Autorin

Ariane Brandes

Leidenschaftliche Menschenfreundin mit Vergangenheit als Multi-Berufsausüberin. Hat mindestens ein Dutzend verfasster Drehbücher sowie mehrere Patente in der Nachttisch-Schublade liegen. War mal Jobcoach für schwer erziehbare Jugendliche und Langzeitarbeitslose Ü50, Schuhstore-Besitzerin, Geschäftsführerin von Sport- und Freizeitanlagen, Vertrieblerin und wird in der Beliebtheitsskala vieler Menschen mit 10 plus fünf Sternchen bewertet.
Doch nun Tacheles. Was genau an Ariane wirkt auf Menschen so magisch, dass jede(r) ständig ihre Nähe sucht?
Vermutlich könnte man dieses Phänomen mit dem Begriff „Aura“ zu erklären versuchen. Bei ihr ist es jedoch sehr viel mehr,
denn sie schenkt den Menschen mit ihrem Tun magische Momente wertschätzender Aufmerksamkeit.
Hier kannst du mehr über mich lesen.

Community Management bedeutet für sie auch, Aufträge an Kolleg/innen abzugeben, um ebenso ein Auftragsnetzwerk zu erschaffen.

Diesen Über-mich-Text schrieb Ulrike Parthen.

Angaben zum Foto: Rüdiger Lutz

von Ariane Brandes

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