In einem früheren Artikel habe ich darauf hingewiesen, dass der Begriff Shitstorm mittlerweile etwas überstrapaziert wird. Wenn es in einer Community zu einigen verärgerten Posts oder Kommentaren kommt, ist das Wort Shitstorm überschnell bei der Hand. Oft wird es schon mit dem Begriff heiße Luft assoziiert. Das hat eine Abwertung von wirklich berechtigter Kritik zur Folge.
Ein Shitstorm ist schnell vom Zaun gebrochen. Wer in einem Post oder Beitrag ein kontroverses Thema anschneidet, steht in ständiger Gefahr, sich einen Shitstorm einzuhandeln. Diese Gefahr wird durch die Zeiterscheinung des Crowdcomplainings verstärkt. Darunter versteht man das Phänomen, dass Web-User auf einen gerade aktuellen Shitstorm aufspringen und hier verbale Attacken reiten.
Auf welcher Stufe der schon 2012 entwickelten Shitstorm-Skala die Welle der Empörung auch steht, du als Community Manager musst mit Fingerspitzengefühl reagieren. Und das bedeutet vor allem: von Transparenz und Ehrlichkeit geprägtes Krisenmanagement.
Entstehung eines Shitstorms
Das gilt auch für den Fall, dass der Shitstorm aus einem eher nichtigen Anlass hereingebrochen ist. Eine Lappalie kann zum Shitstorm führen, ein Missverständnis oder ein Gerücht. Die Web-User neigen zu Überreaktionen, die gleichwohl ernstgenommen werden wollen. Daher kannst du eine angemessene Reaktion auf einen Shitstorm nicht schleifen lassen, auch wenn er objektiv keine Berechtigung hat.
Ein Beispiel dafür ist die Empörung, die Lindt & Sprüngli 2015 in der Vorweihnachtszeit hereinbrach. Grund dafür war ein jahrelang anstandslos verkaufter Adventskalender mit orientalischen Motiven. Dieses Design veranlasste viele Menschen, die den ins Land geströmten Flüchtlingen aus Syrien und anderen Ländern feindselig gegenüberstanden, zu massiven Angriffen auf den Schoko-Produzenten.
Bei manchen Shitstorms hat man es nur mit der Empörung einer bestimmten Gruppe zu tun. Als Beispiel sei ein 7 Jahre lang problemlos verkauftes Kinderbuch genannt, dessen Verlag sich plötzlich bösen Angriffen von Landwirten ausgesetzt sah. Unliebsame Äußerungen zur Massentierhaltung wurden zum Anlass genommen, Shitstorm zu laufen.
Im Frühstadium eingreifen
Solche wie aus heiterem Himmel kommenden Angriffswellen sind besonders schwer zu managen. Etwas einfacher hast du es, wenn es nur Vorzeichen gibt. Zu den Vorboten eines Shitstorms gehören kritische Äußerungen, über die du dir genaue Gedanken machen solltest. Am besten schlüpfst du in die Rolle eines Stimmungsbarometers, die vor allem darin besteht, die Tonalität von Negativbeiträgen genau zu analysieren.
Du solltest auf alle Einzel-Äußerungen, die negativen Einfluss auf das Meinungsklima deiner Community haben könnten, transparent, informativ und natürlich auch schnell reagieren. Wenn du diesen einfachen Ratschlag beachtest, hast du eine gute Chance, eine Eskalation zu vermeiden. Die beste Art, einen Shitstorm zu managen, ist immer noch, ihn erst gar nicht entstehen zu lassen.
Im Auge des Shitstorms
Wenn es dann aber doch passiert und du tatsächlich in den Mittelpunkt eines ausgewachsenen Shitstorms gerätst, darfst du dich von den hochgepushten Emotionen nicht anstecken lassen. Wer in der Schusslinie steht, kann sich nur mit Gelassenheit und klarem Kopf aus der Affäre ziehen.
Das oberste Gebot lautet Schadensbegrenzung. Optimal ist, wenn hierzu bereits eine Art Basiskonzept vorhanden ist, in Abstimmung mit dem Betreiber deiner Community. Am besten ist es, wenn dieses Konzept im Rahmen der Social-Media-Strategie festgeschrieben wurde.
Zu den Grundelementen einer Strategie zur Krisenkommunikation im Falle des Worst Case eines Shitstorms mit hoher Windstärke gehören diese Punkte:
- eindeutige Signale des Ernstnehmens jedweder Kritik aussenden
- Transparenz zeigen und als solche kommunizieren
- Maximum an Information zur Verfügung stellen
- Missverständnisse aufklären
- Entschuldigung und Reue zum Ausdruck bringen
Darüberhinaus lässt sich zunächst nicht mehr viel tun. Von zentraler Bedeutung ist immer, dass der Shitstorm ernstgenommen wird. Nichts facht ihn mehr an als wenn nur halbherzig oder sogar konfrontativ reagiert wird. Damit wird nur Öl ins Feuer gegossen.
So ist es denn klüger, sich für etwas zu entschuldigen, für das man sich eigentlich kaum entschuldigen müsste, als eine Was-wollt-ihr-überhaupt?-Haltung an den Tag zu legen. Gut kommuniziertes Bedauern ist immer ein guter Wellenbrecher, es beruhigt die Gemüter. Damit wird auch ein wenig auf Zeit gespielt. Das lohnt sich fast immer, denn die wetterwendische Netzgemeinde hält sich selten lange an einem Shitstorm auf.
Shitstorm als Chance
Wenn du diese allgemeingültigen Grundsätze beachtest, sollte es dir gelingen, ohne größeren Schaden aus einem Shitstorm herauszukommen. Auch wenn es wie ein etwas abgegriffenes Klischee klingt: Am besten begreifst du ihn als Chance.
Ein Shitstorm eröffnet die Gelegenheit, sich als transparenten, verlässlichen Partner darzustellen, der seine Community überaus ernst nimmt und alles tut, um mit ihr im Einklang zu bleiben. Auch so lässt sich das Gemeinschaftsgefühl in deiner Community stärken.